Ein-Personen-GmbH und die Scheinselbstständigkeit – die Bombe tickt?
Auch wenn die Statistiken wenig Auskunft darüber geben, wie viele Ein-Personen GmbHs es unter den statistisch festgehaltenen Kapitalgesellschaften von 535.000 in Deutschland gibt, ist in dieser Zahl (Wikipedia spricht von 40 %, börsenorientierte Aktiengesellschaften von ca. 500-600 abgezogen), eine hohe Zahl sogenannter Einpersonen-GmbHs enthalten.
Diese zeichnen sich dadurch aus, dass in einer solchen Gesellschaft in der Regel ein Gesellschaftergeschäftsführer tätig ist, der 100 % der Anteile an der Gesellschaft hält und daher dort nicht abhängig beschäftigt ist.
Diese Ein-Personen GmbHs treten auf dem Beschäftigungsmarkt auf und bieten Dienstleistungen in Dienstleistungsverträgen mit Dritten an. Naturgemäß werden diese Dienste durch den Gesellschaftergeschäftsführer, der in der Regel 100 % an den Gesellschaften hält, ausgeführt.
Für den Praktiker im Sozialversicherungsrecht, insbesondere den Beitragsrechtler, stellt sich zwingend die Frage, ob die Gründung einer Einmanngesellschaft zum Zwecke der Durchführung von Dienste mit Dritten eine Umgehung der Pflicht darstellen könnte, die im Rahmen dieser rechtlichen Verbindungen erzielten Vergütungen der Beitragspflicht in den gesetzlichen Versicherungen zu unterwerfen. Diese Pflicht muss der Auftraggeber immer prüfen (§ 28 ff. SGB IV), und die Beitragspflicht stets beachten. Hat er Zweifel, muss er ggfls. die vermuteten Beiträge unter dem Vorbehalt der Rückforderung zahlen und die Beitragspflicht in einem Statusfeststellungsverfahren, jüngst reformiert, feststellen lassen.
Die Frage der Tätigkeit von Einmann-GmbHs liegt aktuell dem Bundessozialgericht zur Entscheidung vor wie folgt:
„Ist ein Geschäftsbesorgungsvertrag über stationäre Pflegedienstleistungen zwischen einer ein – Personen – GmbH und einer Krankenhausgesellschaft als Scheingeschäft aufgrund eines Missbrauchs der Rechtsform nichtig und begründet somit ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis des alleinigen Gesellschafter – Geschäftsführers einer ein – Personen – GmbH mit der Krankenhausgesellschaft (Aktenzeichen B 12 R 15/21 R)“.
Die Vorinstanz, das Landessozialgericht Darmstadt, hat dies in ihrem Urteil vom 18.11.2021, Aktenzeichen L 1 BA 25/21 verneint.
Sollte das Bundessozialgericht durch seinen zwölften Senat, der nach ausdrücklicher Auffassung des Verfassers, vor allem bei GmbH Geschäftsführern eine gewisse Beitragsfreudigkeit unter dem deutlich reduzierten Blickwinkel auf die Kräfteverhältnisse in der Gesellschafterversammlung entwickelt hat, zum Ergebnis kommen, dass die Gründung einer solchen Einmann – GmbH eine Umgehung der Sozialversicherungspflicht in bestimmten Fällen mit sich bringt, könnte sich bei Einmann – GmbHs sehr schnell das Ende der täglichen Geschäftstätigkeit einstellen.
Der Auftraggeber, der gerne die Geschäfte mit einer GmbH pflegt, die als solche bei der Erbringung ihrer Dienste nicht der Beitragspflicht unterliegt, löst sich unter dem Eindruck der schlagartigen Explosion seiner Kosten um bis zu 20 % (oder sogar mehr) sehr schnell von seinem teuren Auftragnehmer.
Das Landessozialgericht hat eine Beitragspflicht, welche die Beklagte im Rahmen eines Staates Feststellungsverfahrens gesehen hat, verneint, jedoch in dieser brisanten Konstellation gesehen, dass diese durch das Bundessozialgericht noch nicht entschieden ist und daher in dieser Frage die Revision zugelassen, die vermutlich einen wesentlichen Baustein in der Beitragspolitik der Beklagten darstellt.
Das Landessozialgericht hat auf die Dienstleistungsvereinbarungen zwischen den Beteiligten abgehoben und dort zwar untypische Formulierungen gesichtet, diese jedoch als nicht durchschlagend im Sinne der Bejahung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses gewürdigt.
Es kommt zum Ergebnis, dass die eigenständige Rechtssubjektivität von natürlichen und juristischen Personen unterschieden werden muss und nur in besonderen Ausnahmefällen durchbrochen werden darf.
In diesem Zusammenhang hat es das Besprechungsergebnis der Spitzenverbände vom 13.4.2010 so eingeschätzt, dass dieses Ergebnis diese Grundsätze nicht richtig beachtet und daher unbeachtlich ist.
In diesen Grundsätzen hat unter anderem die Beklagte (neben weiteren Spitzenverbänden) ein rechtlich nicht weiter fundiertes allgemeines Bedürfnis formuliert, bei Einmann – GmbHs in einer typischen Konstellation abhängige Beschäftigungsverhältnisse zu wittern. So einfach wird es nicht gehen, dies hat auch das Landessozialgericht festgestellt.
Die Folge war, dass es sehr genau anhand der Vorschrift des § 117 BGB die Willenserklärungen untersucht hat, die abgegeben wurden. Es hat festgestellt, dass eben im konkreten Fall gerade nicht eine Willenserklärung zum Schein abgegeben wurde, sondern die Durchführung der Dienstleistung durchaus aus einem ernst gemeinten Rechtsgeschäft heraus gewollt und umgesetzt wurde.
Letztendlich werden daher die sorgfältige Überprüfungen der Umstände und der Motivation bei der Eingehung des Geschäfts, vielleicht sogar bei der Gründung der Einmann – GmbH, ausschlaggebend sein.
Die Beschreibung dieser Kriterien wird man von der Entscheidung des Bundessozialgerichts erwarten dürfen, mit den Auswirkungen, die weiter oben beschrieben sind.
Hamburg, den 20.9.2022