„Es trifft immer wieder die Ärzte und Krankenschwestern“
Anmerkung zur Entscheidung Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil 8. Dezember 2014, Az.: L 2 U 99/13.
Leider trifft es immer wieder Ärzte und Krankenschwestern. Diese kämpfen vor den Sozialgerichten darum, die erkennbare gesundheitliche Beeinträchtigung durch den Schweinegrippe-Virus H1N1 als Arbeitsunfall anerkannt zu bekommen.
Worauf kommt es an?
Die Unfallversicherungen wehren in der Regel die Ansprüche ab mit dem Hinweis, es bestünde bei allgemeinen Impfungen kein ausreichender beruflicher Zusammenhang für einen Arbeitsunfall.
Hier setzt die sorgfältige Bearbeitung des Sachverhalts an: Zu befragen sind Kollegen, Betriebsärzte, Vorgesetzte dahingehend, ob zum Zeitpunkt der Virulenz des Virus eine klare Empfehlung bestand, im Sinne einer konkreten Erwartung des Arbeitgebers, sich gegen den Schweinegrippe-Virus impfen zu lassen.
Verdichtet sich diese Empfehlung durch Umsetzung organisatorischer Maßnahmen („ab zum Betriebsarzt“), ist von einer Struktur auszugehen, die verbindlich die Betroffenen veranlasst, sich den Impfungen zu unterziehen.
Selbst wenn jedoch eine solche zur Verpflichtung führende Anordnung der Teilnahme an einer Impfung nicht vorliegt, kann nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 31.01.1974 – 2 RU 277/73) bei einer Grippeschutzimpfung im Zusammenhang mit einer Beschäftigung ein Arbeitsunfall ungeachtet fehlender Verpflichtung zur Teilnahme auch dann vorliegen, wenn die Impfung – insoweit über eine allgemeine Grippeschutzimpfung hinausgehend – vorgenommen wird, weil mit der Tätigkeit eine besondere Gefährdung verbunden ist, die eine derartige Impfung über die allgemeine Gesundheitsvorsorge hinaus erforderlich macht.
Dass die jeweils Betroffenen, Krankenschwestern, Pfleger, Ärzte etc. aufgrund ihrer Tätigkeit einer höheren Gefährdung ausgesetzt waren, an Schweinegrippe zu erkranken, als die übrige Bevölkerung, liegt nahe.
Auch hier sind zur Darstellung der Gefährdung eine sorgfältige Analyse des Sachverhalts und insbesondere die Feststellung notwendig, ob die Betroffenen zu einer solchermaßen gefährdeten Gruppe von Beschäftigten gehören.
Dies hängt u.a. damit zusammen, ob sie in einer bestimmten Schicht arbeiteten, der entsprechenden Abteilung zugeordnet waren, feste entsprechende Dienstpläne hatten und anderes mehr, welches im streitigen Verfahren vorzutragen und gegebenenfalls unter Beweis zu stellen ist.
Nach dem Etappensieg (Feststellung der Kausalität des Ereignisses für den Körperschaden) müssen die Betroffenen erneut eine hohe Hürde überspringen: regelmäßig wird die Ursache der Einwirkung des Schweinegrippe-Virus‘ auf die Gesundheit und damit die Kausalität für die gesundheitliche Beeinträchtigung verneint.
Da die körperlichen Beeinträchtigungen mannigfach sind, werden Sachverständigengutachten, gegebenenfalls auf mehreren Sachgebieten, unumgänglich sein, um letztendlich die starken gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Einwirkung des Schweinegrippe-Virus‘ zuordnen zu können.
Und zu guter Letzt: Wer dann noch die Kraft hat, muss den Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit noch nachweisen. Die sogenannte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) wird ebenfalls sachverständig unter Einbeziehung aller ursächlich auf den eingeimpften Virus zurückzuführenden Gesundheitsschäden festgestellt.
Dem jeweiligen Kläger/Klägerin ist zu wünschen, dass ihm/ihr der langjährig erfahrene, ausdauernde und durchsetzungsfreudige Rechtsbeistand zur Seite steht.