Befreiungsrecht § 6 SGB VI, Bundessozialgericht Urteil vom 31.10.2012, Aktenzeichen B 12 R 8/10 R (vergl. auch Az. B 12 R 3/11 R, Urteil Bundessozialgericht vom 31.10.2012), Rentenversicherung, Befreiungsrecht freie Berufe, Befreiung zugunsten der Versorgungswerke
Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass entgegen der bisherigen Verwaltungspraxis der Deutschen Rentenversicherung Bund eine einmal ausgesprochene Befreiung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI von der Pflicht zur Mitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung zugunsten der Mitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk nur so lange Rechtswirkung zugesprochen werden kann, wie der Betreffende seine Tätigkeit, für die die Befreiung einmal ausgesprochen worden ist, noch ausübt. Dies bedeutet in der Praxis, dass nach jedem Tätigkeitswechsel zukünftig ein neuer Befreiungsantrag in Bezug auf die neu aufgenommene Tätigkeit gestellt werden muss.
Die Antragsfrist des § 6 Abs. 4 SGB VI von 3 Monaten muss dabei eingehalten werden. Wird sie nicht eingehalten, kann eine Befreiung erst ab dem Zeitpunkt der Antragstellung erfolgen, unabhängig davon, ob zuvor bereits die materiellen Befreiungsvorsetzungen vorgelegen haben.
Die Behandlung von Altfällen, d.h. also Zeiträume, für die keine gesonderte Befreiung beantragt wurde, ist zurzeit offen. Hier wird wichtig sein, inwieweit ein sachgerechter Bestandsschutz für die Vergangenheit ausgeübt wird und es zu keiner Doppelversicherung sowohl in den berufsständischen Versorgungswerken als auch in der gesetzlichen Rentenversicherung kommt.
In jedem Fall sollten sich Personen, welche freie Berufe ausüben, sachkundig machen und möglichst umgehend einen Befreiungsantrag zugunsten der Tätigkeit stellen, die sie jetzt ausüben. Jedenfalls wird man nicht davon ausgehen können, dass zur Zeit das Vertrauen auf die Fortdauer der Befreiung für die Zukunft nur in Anspruch genommen werden kann, sondern dann in jedem Fall von einem Arbeitgeber die Abführung der Beiträge zugunsten der gesetzlichen Rentenversicherung verlangt wird, sofern kein Befreiungsantrag gestellt wurde.
Der Arbeitgeber wiederum, der die neue Tendenz in der Rechtsprechung übersieht, wird sich mit der Rücktrittssperre des § 28 SGB IV auseinandersetzen müssen und feststellen, dass der Rückgriff nur auf das Arbeitsentgelt der zukünftigen 3 Monate nehmen kann und dann der Rückgriff gegenüber dem Mitarbeiter ausgeschlossen ist.
Zur wirksamen Befreiung einer medizinischen Journalistin zugunsten des zuständigen Ärzteversorgungswerks (ärztliches Versorgungswerk als anderweitige Alterssicherung) von der Pflichtversicherung des KSVG (vergl. Bundessozialgericht, Urteil vom 10.03.2011, B 3 KS 2/10 R).